Aus der Offenbach Post:
Gegen schwache Aalener fehlt Cleverness / Später Ausgleich durch Tosunoglu / Boysen: „1:1 gefällt mir überhaupt nicht“
Von Jochen Koch
Aalen – Nach zwei megaschlechten Auswärtsspielen mit sechs Gegentoren in Wuppertal (1:2) und Braunschweig (0:4) haben die Offenbacher Kickers gestern beim VfR Aalen wieder einmal gepunktet. Doch trotz des 1:1 und eines über weite Strecken ansehnlichen Auftritts war kaum Zufriedenheit zu spüren. „Das Ergebnis gefällt mir überhaupt nicht“, sagte Hans-Jürgen Boysen, „wir hatten das Spiel unter Kontrolle, haben aber leider klarste Chancen vergeben.“ Es spricht für die Einstellung der Spieler und Verantwortlichen, dass sie mehr den zwei liegen gelassenen Punkten hinterhertrauerten, als sich über einen spät gewonnenen Zähler (1:1 durch Tosunoglu in der 78. Minute) zu freuen.
Aber nach diesem Spiel musste man sich als Offenbach-Sympathisant auch ärgern. Denn die Kickers waren beim hoch gehandelten VfR Aalen die klar bessere Mannschaft. Boysen hatte vier Tage nach dem Pokalspiel gegen den KSC die rechte Seite mit Zinnow (für Morys) und Malura (Huber rückte für Goldschmitt ins defensive Mittelfeld) neu formiert und seine Mannschaft mit einer offensiven Taktik ins Spiel geschickt.
Von Beginn an dominierten die Gäste und hätten frühzeitig in Führung gehen müssen. Doch Mirnes Mesic konnte die exakte Flanke von Stefan Zinnow aus drei Metern nicht über die Linie bugsieren. „Ich war etwas überrascht, weil ich den Ball spät gesehen habe“, ärgerte sich Mesic, dass er den Ball nur noch mit dem Knie in Richtung Torlinie verlängerte, wo ihn Aalens starker Torwart Linse mit einem Reflex abwehrte (7.). „Wenn wir in Führung gehen, gewinnen wir auch“, war Boysen überzeugt, dass das Spiel einen anderen Verlauf genommen hätte. „Aalen haben doch die spielerischen Mittel gefehlt.“ Die Gastgeber boten eine enttäuschende Leistung. Die Mannschaft von Jürgen Kohler beschränkte sich auf die Defensive, versuchte ihr Glück in der Offensive einfallslos mit langen Bällen. Mit einem Zufallsprodukt gingen die Aalener aber sogar in Führung. Nach einem Freistoß brachten die Kickers den Ball nicht aus dem Sechzehner und Steffen Bohl stocherte das Spielgerät aus sechs Metern unhaltbar für Wulnikowski über die Linie (37.).
Auch in der zweiten Spielhälfte waren die Kickers die bessere Mannschaft, hatten aber zunächst Pech, als Tosunoglu (59.) wieder nach Vorarbeit des starken Zinnow nur den Pfosten traf, und dann etwas Glück, als Martin Hysky bei einem der wenigen gefährlichen Konter der Gäste einen Schuss von Sailer auf der Linie klärte (74.). Erst in der 78. Minute erhielten die Kickers den verdienten Lohn für ihre Leistung. Zinnow (wer sonst?) flankte präzise in die Mitte, wo Tosunoglu den Stellungsfehler des Ex-Offenbachers Moses Sichone („Der OFC hat besser gespielt“) mit einem Kopfball zum 1:1 bestrafte.
Gegen die auch im vierten Heimspiel sieglosen Aalener war mehr als ein Punkt drin. „Ich bin auf keinen Fall zufrieden“, ärgerte sich Torschütze Tosunoglu. „Wir waren doch die klar bessere Mannschaft.“ Doch das Dilemma der Kickers war auch gestern wieder offensichtlich. Die Mannschaft betrieb einen immensen läuferischen Aufwand, kontrollierte über weite Strecken Spiel und Gegner, doch in den entscheidenden Situationen in Abwehr und Angriff fehlte die Cleverness, Entschlossenheit und Kaltschnäuzigkeit.
Ein Szenario, das sich wiederholt. Gestern zwei Punkte zu wenig, beim 2:2 gegen Dresden zwei zu wenig. Mit vier Punkten mehr wären die Kickers vorne dran. So aber sitzen sie mit zehn Punkten nach acht Spielen im Mittelfeld fest. Um weiter nach oben zu kommen, muss die Lernphase jetzt bald zu Ende gehen.