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Auch mit 39 nur schwer zu verdrängen

Aus der Offenbach Post:
Kickers-Torwart Cesar Thier ist der älteste Profi in Deutschland / „Wer sagt denn, dass es meine letzte Saison ist?“

Von Jochen K o c h

Offenbach -Bei den Offenbacher Kickers ist er seit sieben Jahren die Nummer eins und mit 208 Spielen in der Regionalliga und 2. Liga der mit Abstand dienstälteste Spieler. Seit dieser Saison ist Cesar Thier auch im deutschen Profifußball Rekordhalter. Der Brasilianer im Offenbacher Tor ist der älteste Spieler in der Bundesliga und in der 2. Liga. Am 15. Oktober feiert Cesar Thier seinen 40. Geburtstag.

Macht es Sie ein bisschen stolz, dass Sie jetzt der älteste Profi in Deutschland sind?

Cesar Thier (39): Ich bin richtig froh, dass ich auch in diesem hohen Alter noch auf so hohem Niveau spielen kann. Ich danke Gott jeden Tag dafür, dass er mir das schenkt.

Was überwiegt jetzt: Freude oder schon die Befürchtungen, es könnte die letzte Saison werden?

Thier: Ich freue mich unheimlich, dass ich noch dabei bin. Wie viele Torhüter in Deutschland würden gerne meinen Platz einnehmen? Da kann ich auch ein bisschen stolz sein. Und wer sagt, dass es meine letzte Saison ist? Ich werde im Lauf der Saison entscheiden, ob ich weitermache.

Wie geht es mit den Kickers nach der letzten Zittersaison weiter?

Thier: Die Qualität der neuen Spieler ist hoch. Ich denke, das wird gut klappen.

Sie müssen sich auf eine komplett neu formierte Abwehr einstellen.

Thier: Das war klar, dass der Verein reagieren musste. Aber ich möchte eines auch mal sagen: Es lag nicht nur an der Abwehr, dass wir so viele Gegentore kassiert haben. Das Defensivverhalten fängt vorne an und die ganze Mannschaft ist beteiligt.

Die Kickers haben bisher nur gegen unterklassige Gegner gespielt. Die Abwehr und die Torhüter wurden nicht gefordert. Ist das ein Nachteil?

Thier: Mir wären auch hochkarätige Gegner lieber. Denn nur in brenzligen Situationen können wir uns richtig einspielen. Vielleicht am Samstag in Großbardorf gegen 1860 München und die Mannschaft aus Ghana.

Nach Ihrer überragenden Saison 2005/06 folgte eine durchwachsene Runde…

Thier: Mit der ich nicht zufrieden war. Die Saison 2005/06 war einmalig. Da konnte ich machen, was ich wollte, ich habe die Bälle gehalten. Aber mir war klar, dass diese Saison schwer zu toppen ist und ich daran gemessen werde. Aber es war dann komisch. Ich hatte viele Spiele, in denen ich wenig zu halten hatte, aber trotzdem zwei, drei Tore kassiert habe. Es war nicht gut, aber so eine Saison wird es nicht mehr geben.

Warum?

Thier: Ich habe mich lange mit der Saison und meiner Leistung beschäftigt. Ich war zum ersten Mal seit drei Jahren wieder in meiner Heimat in Santa Cruz und konnte dort mit einigem Abstand alles gut verarbeiten. Ich bin wieder lockerer geworden und habe mir vorgenommen, vieles anders zu machen.

Was zum Beispiel?

Thier: Ich habe mich zu sehr geärgert und war regelrecht verbittert. Ich habe mich zu lange mit den schlechten Spielen beschäftigt und mich dadurch vielleicht zu spät auf das nächste Spiel konzentriert. Ich muss das Negative schneller verdrängen und das Positive in den Vordergrund stellen.

Sie sind ein Führungsspieler, hat Ihre Unzufriedenheit vielleicht auch auf die Mannschaft ausgestrahlt?

Thier: Das kann durchaus sein. Ich war sehr mit mir beschäftigt, konnte der Mannschaft wenig geben. Ich muss die Mannschaft mehr unterstützen.

Nach der 0:2-Niederlage in Unterhaching haben Sie mit einer sehr lauten Wutrede in der Kabine die Einstellung einiger Spieler kritisiert…

Thier: Ich habe versucht, die Mannschaft wachzurütteln. Aber im Nachhinein habe ich Reaktionen von Spielern bekommen, dass das bei einigen nicht so gut angekommen ist. Da war ich etwas zu aggressiv, das wird so nicht mehr vorkommen.

Werden Sie auch in der Trainingsarbeit oder Spielweise etwas umstellen?

Thier: Ich werde manchmal einen Gang zurückschalten. Ich muss nicht mehr jeden Lauf mitmachen. Wichtig ist, dass ich spritzig bin und die Reaktion stimmt. Ich brauche da eine andere Art von Training als junge Torhüter.

Trainer Wolfgang Frank, der erst einen neuen Torwart verpflichten wollte, traut ihnen jetzt eine „Riesensaison“ zu.

Thier: Das freut mich. Aber ich hätte auch bei einem neuen Torwart meinen Platz verteidigt. Ich weiß, was ich kann. Wenn ich fit bin, bin ich schwer zu verdrängen.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Daniel Endres, dem jungen Ersatztorwart, dem großes Talent bescheinigt wird?

Thier: Wir haben ein sehr gutes Verhältnis, sind befreundet. Ich versuche ihm immer zu helfen.

Haben Sie Bedenken, Sie könnten nicht als Nummer eins in die Saison gehen?

Thier: Ich habe keine Zweifel. Aber klar ist auch, ich muss meine Arbeit gut machen. Die Vergangenheit zählt nicht. Wenn ich zwei Spiele nicht gut mache, bin ich weg. Aber ich bin nicht der Typ, der locker lässt.

Wo landen die Kickers am Saisonende?

Thier: Wir bleiben drin, egal wie. Je früher, umso besser.

Machen Sie sich Gedanken über die Zeit nach der Karriere?

Thier: Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, nicht mehr in Offenbach zu spielen. Das ist meine Welt. Eine Rückkehr nach Brasilien ist unwahrscheinlich. Ich würde gerne hier in Offenbach etwas machen. Ich werde mich mehr um meine Firma Golero kümmern, in der ich gemeinsam mit René Keffel Torwart-Handschuhe produziere und verkaufe. In jedem Fall bleibe ich im Fußballgeschäft.

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