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Aus der Frankfurter Rundschau:
Kickers Offenbach kassiert in Augsburg in der 90. Minute den Ausgleich und ärgert sich daher maßlos
VON ANDREAS HUNZINGER

Dieter Müllers Versprecher war bezeichnend. Auf die Frage, wie er denn das 1:1 (0:0) der Offenbacher Kickers beim FC Augsburg bewerte, antwortete der Präsident des hessischen Fußball-Zweitligisten: „Dumm verloren“. Der Hinweis, dass der OFC einen Punkt erzielt hatte, konnte Müller nicht besänftigen. „Wir hätten gewinnen müssen“, sagte der 53-Jährige, der merklich unzufrieden war.

Nun war es im Rosenaustadion nicht so, dass die Offenbacher, bei denen Stammtorwart Cesar Thier und Rechtsverteidiger Christian Müller ins Team zurückgekehrt waren, ihren Kontrahenten an die Wand gespielt hatten und deshalb zwingend alle drei Punkte hätten behalten müssen. Doch angesichts der Tatsache, dass die Augsburger durch einen Flachschuss des eingewechselten Felix Luz erst in der 90. Minute zum Ausgleich gekommen waren, ärgerte sich Müller nicht zu Unrecht. Und nicht nur er. Auch Moses Sichone war bedient. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, presste der Innenverteidiger hervor und ergänzte: „Wir haben die ganze Woche besprochen, dass wir uns konzentrieren müssen.“

Mittelfeldspieler Oualid Mokhtari formulierte seine Ansicht zu der Partie derweil kurz und prägnant: „Dummheit wird bestraft.“ Jörn Andersen ging mit seinen Jungs nicht so hart ins Gesicht. Natürlich war der OFC-Trainer auch nicht gerade glücklich über den späten Ausgleich, „weil wir die drei Punkte eigentlich im Sack hatten“. Aber der Norweger lobte sein Team dafür, „eine gute Moral“ gezeigt zu haben. „Die Mannschaft hat bewiesen, dass sie auswärts gewinnen wollte“, so Andersen weiter.

Danach hatte es in der ersten Halbzeit allerdings nicht ausgesehen. Die Gäste kamen zu keiner nennenswerten Offensivaktion und hatten bei etlichen Augsburger Freistößen bange Momente zu überstehen, etwa als der aufgerückte Augsburger Verteidiger Timo Wenzel den Ball nur um Haaresbreite neben das OFC-Gehäuse setzte (19.).

Erst nach der Pause waren die Offenbacher präsenter, kombinierten besser und agierten vor allem zielgerichteter. Resultat war eine Großchance für OFC-Torjäger Suat Türker, der allein vor dem Augsburger Schlussmann Sven Neuhaus an diesem scheiterte (47.). Kurz darauf war es aber so weit: Türker nahm einen gedankenschnell gespielten Pass von Ricardo Sousa auf und überwand Neuhaus mit einem überlegten Heber (52.). Das neunte Saisontor des 31 Jahre alten Angreifers hätte wahrscheinlich zum zweiten Auswärtssieg seit August 2007 – damals 2:0 beim SC Paderborn – gereicht, wenn den Kickers das Glück, das sie während der zweiten Halbzeit hatten, auch in der fraglichen 90. Minute zur Seite gestanden hätte.

Denn nach den Augsburger Großchancen durch den ehemaligen Offenbacher Mamadou Diabang (59./65./78.), denen der OFC nur eine gute Möglichkeit von Angreifer Aristide Bancé entgegenzusetzen hatte (70.), „hatten wir es doch eigentlich schon überstanden“, sagte Abwehrspieler Martin Hysky. Doch dann kam Luz‘ Flachschuss ins linke untere Eck – und die gute Laune beim OFC war dahin.

So war es an Jörn Andersen, die positiven Aspekte dieses Sonntagnachmittags herauszufiltern. So spät den Sieg aus der Hand zu geben, sei zwar hart, so der Coach, „aber es war kein Rückschlag für uns“. Andersen ist aber auch nicht so blauäugig, um nicht zu wissen, dass angesichts des auf einen Punkt geschmolzenen Vorsprungs zum ersten Abstiegsplatz der nächste vergebene Sieg – beispielsweise am kommenden Wochenende zu Hause gegen den FC St. Pauli – genau ein solcher sein kann.