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Aus der FAZ:
Die Fußball-Arena auf dem Bieberer Berg ist nicht mehr zeitgemäß. Die Investitionskosten werden auf 30 bis 40 Millionen Euro geschätzt.

ajw. OFFENBACH. Der Darmstädter Regierungspräsident Gerold Dieke (FDP) wird „nicht widersprechen“, sollte die Stadt Offenbach die vor Weihnachten gewährte Zuweisung aus dem Landesausgleichsstock von 20 Millionen Euro zum Teil für „Sanierung, Umbau und gegebenenfalls Neubau“ des Kickers-Stadions auf dem Bieberer Berg verwenden. Das teilte eine Sprecherin des Regierungspräsidiums gestern auf Anfrage mit. Die Kommunalaufsicht wisse um die „außerordentlich bedrückende Finanzlage der Stadt“, sehe aber, dass die Infrastruktur in Offenbach erhalten werden müsse. Die Entscheidung, ob Geld aus der Zuweisung für das Stadion verwendet würden, liege bei den städtischen Gremien.
Michael Bußer, Sprecher des Hessischen Innenministeriums, bestätigte, dass es „Sache der Stadt Offenbach“ sei, zu entscheiden, in welcher Höhe Geld aus der Zuweisung für ein neues Kickers-Stadion genutzt werde. Dass die Zuweisung aus dem Landesausgleichsstock „in allererster Linie für den Ausgleich von Haushaltsdefiziten“ verwendet werden müsse, sei das Normale. In diesem Fall mache Innenminister Volker Bouffier (CDU) aber eine Ausnahme, da es um den „Erhalt notwendiger Infrastruktur“ gehe.

Unterdessen teilte der Offenbacher Kämmerer Michael Beseler (SPD) mit, dass die Stadt gegenwärtig prüft, ob sie das Stadion auf dem Bieberer Berg wieder in ihre Regie übernimmt. Die Stadt hatte das 26 500 Besucher fassende Stadion 1992 für 40 Jahre an den Fußballklub „Kickers Offenbach“ in Erbpacht übergeben. Dieser Zeitung sagte der Vizepräsident des Clubs, Thomas Kalt: „Wir bauen kein neues Stadion, sondern die Stadt. Von ihr werden wir das Stadion mieten. Einen Neubau kann sich kein Verein leisten.“ Die Investitionskosten schätzt Kalt auf 30 bis 40 Millionen Euro. Die Höhe der Kosten sei abhängig von der Platzzahl, doch müsse kein Stadion für 30 000 Zuschauer errichtet werden. Der Verein lasse prüfen, ob weniger Plätze wirtschaftlich wären und das Stadion womöglich in mehreren Ausbaustufen erstellt werden könne. Die Kickers seien sich der Finanzlage Offenbachs bewusst und wollten keinen „Luxustempel“ auf dem Bieberer Berg bauen, vielmehr suche der Verein nach einer „Lösung, die zu Offenbach passt“. Kalt ließ keinen Zweifel daran, dass die Kickers mit dem Stadion in seinem jetzigen Zustand nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Die Zuschauer erwarteten mittlerweile einiges an Komfort, auch müssten weitere Sicherheitsauflagen erfüllt werden.

Beseler bezeichnete die mögliche Verwendung der Landeszuweisung für den Neubau des Stadions als eine „erhebliche Starthilfe der Landesregierung“, befinde sich doch das Stadion „in einem traurigen Zustand“. Allerdings müsse „weiteres Geld herangeschafft“ werden, um das Vorhaben zu realisieren: „Wir werden in Ruhe rechnen und schauen, ob wir das Geld zusammenkriegen.“ Bürgermeisterin Birgit Simon (Grüne), die zurzeit den im Urlaub befindlichen Oberbürgmeister Horst Schneider (SPD) vertritt, sagte, in Bouffiers Genehmigungsbescheid sei nur vom teilweisen Ausgleich der Rechnungsfehlbeträge aus den Jahren 2005 und 2006 die Rede. Eine schriftliche Verfügung zur möglichen Verwendung des Geldes für den Stadionneubau gebe es bisher nicht.

Die von den Grünen in einer Mitteilung geäußerte Kritik, es handele sich bei der in Aussicht gestellten Verwendung der Zuweisung um eine „nach Parteibuch und Wahlkampfstrategie“ getroffene Entscheidung, wies der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Grüttner zurück. Auch habe er nicht als Chef der Hessischen Staatskanzlei mit Bouffier über die Erhöhung der Zuweisung verhandelt, sondern als direkt gewählter Offenbacher Landtagsabgeordneter – wie es seine Pflicht sei. Überdies sollte nach Ansicht von Dieter Lau, stellvertretender Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Hessen, jeder Cent der Landeszuweisung für die Senkung des Haushaltsdefizits in Offenbach verwendet werden. Der Verein sei ein Wirtschaftsunternehmen und solle den Unterhalt oder Neubau des Stadions aus eigenen Mitteln finanzieren, heißt es in einer Mitteilung.

Text: F.A.Z., 08.01.2008, Nr. 6 / Seite 49