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von Andreas Hunzinger (Quelle: fr-online.de)

Die Stimmung am Bieberer Berg war gestern wahrlich nicht gut. Mit betretenen Mienen trotteten die Zweitligafußballer der Offenbacher Kickers nach dem morgendlichen Training in die Umkleidekabinen.

Niederlagen tun weh, und eine im Derby gegen den Erzrivalen Eintracht Frankfurt ganz besonders. Zumal, wenn sie, wie in diesem Viertelfinale des DFB-Pokals, mit 0:3 eindeutig ausgefallen ist. Dabei hatten sie in Offenbach nach der jüngsten Negativserie in der zweiten Liga große Hoffnungen darauf gesetzt, durch einen Erfolg gegen den „Lieblingsfeind“ einen entscheidenden moralischen Schub für den Abstiegskampf zu bekommen.

„Bei uns war das zu behäbig“

Die Niederlage an sich war es somit auch nicht, die in Offenbach für Frust sorgte. Die Deutlichkeit, mit der die Kickers vom ungeliebten Nachbarn bezwungen worden waren, an der hatten Spieler und Offizielle zu knabbern. „Der Wirbel vor dem Spiel war größer als der Wirbel im Spiel“, sagte OFC-Vizepräsident Thomas Kalt. Enttäuscht sei er, so Kalt, „dass es dem Gegner so leicht gefallen ist“. Gerade weil es früheren Offenbacher Mannschaften meist gelungen war, spielerisch überlegene Frankfurter Teams mit bedingungslosem Einsatz niederzuringen, war der Vizepräsident so betrübt, dass sich die Kickers-Spieler spätestens nach dem 2:0 der Eintracht durch Naohiro Takahara nach gut einer Stunde in ihr Schicksal ergeben hatten. „Der letzte Biss und der letzte Wille haben gefehlt“, monierte Kalt, „und auch der Glaube, dass wir es schaffen können“.

Ähnlich sahen es die Spieler. „Es ist sehr enttäuschend, wie wenig wir uns gewehrt haben“, sagte Linksverteidiger Rüdiger Rehm. „Vor allem in der zweiten Halbzeit war das zu wenig.“ Und während es Kapitän und Abwehrchef Markus Happe „schade für das ganze Umfeld“ fand, dass es den Kickers nicht gelungen sei, dem Derby tatsächlich den Charakter eines Pokalfights zu geben, hatte Torhüter Cesar Thier bereits direkt nach dem Spiel deutliche Worte gefunden. „Die Eintracht war wendiger, schneller und spritziger“, so der 39-Jährige. „Bei uns war das zu behäbig“. Irgendwie habe er das Gefühl gehabt, „dass wir wollten, aber nicht konnten“.

Einen Vorteil sehen die Offenbacher Profis allerdings in dem sang- und klanglosen Abschied aus dem Pokal. Sie können die Konzentration nun ausschließlich auf die Liga richten. „Wichtig ist, dass das Derby jetzt mal gespielt und abgehakt ist“, sagt Rehm. Denn die Situation der Offenbacher ist nicht gerade rosig nach zuletzt vier Niederlagen in Folge und nur noch sechs Punkten Vorsprung auf die Abstiegsränge. Zumal der OFC am kommenden Sonntag bei Rot-Weiss Essen antreten muss, das bei einem Sieg gegen die Offenbacher bis auf vier Punkte herankommen könnte.

Um in Essen jedoch die Trendwende zu schaffen, bedarf es eines anderen Auftretens als in den vergangenen Wochen. das wissen alle. „Wir müssen wieder galliger und geiler darauf werden, den Gegner zu bezwingen“, sagt Rehm. Und ruhig auch mal „ein bisschen eklig“. Torjäger Suat Türker wiederum hält es für geboten, „dass jeder endlich mal aufwachen muss. Wir müssen konzentrierter und konsequenter sein.“ Denn auch wenn sie in Offenbach nach der bitteren Schlappe gegen die Eintracht den Gegner in höchsten Tönen gelobt hatten, so steht für Vizepräsident Kalt fest: „Das, was wir am Dienstag gezeigt haben, reicht auch nicht für die zweite Liga.“

Bei allem Frust verfallen sie in Offenbach aber noch nicht in Panik. Schließlich hat der momentane Tabellenzwölfte der zweiten Liga so seine Erfahrungen im Umgang mit Krisen. „Die Situation ist ja nicht neu für uns“, sagt Kapitän Happe. In der vergangenen Saison sowie zu Beginn der laufenden Runde habe man ähnliche Zeiten erlebt und erfolgreich durchgestanden. Deshalb ist Trainer Wolfgang Frank der Meinung, „dass der Mannschaft nur ein Erfolgserlebnis fehlt“. Geduld sei gefragt auf dem Weg, den der OFC gehen muss, so Frank, denn: „Da gibt’s auch mal Gegenverkehr.“ Oder wie sagt Rüdiger Rehm: „Wir sind derzeit in einer Scheißphase. Aber wir werden sie überstehen, wie jede Scheißphase bisher.“

Ärger über Fan-Transparent

Für zweifelhafte Aufmerksamkeit hat beim Derby derweil ein Transparent auf der Fantribüne des OFC gesorgt. Dort war bei im Rahmen der Choreographie vor dem Spiel nicht nur ein riesiges Banner mit der Aufschrift „Mit Leidenschaft und Herz gegen Arroganz und Commerz“ gezeigt worden, sondern auch ein kleineres mit der Aufschrift „Endsieg Berlin“. Die Aktion einiger Unbelehrbarer wiederum wird vom Gros der Offenbacher Fanszene scharf kritisiert.

Thomas Kalt hat das Transparent nach eigener Aussage „gar nicht richtig gesehen. Deswegen kann ich dazu nicht viel sagen.“ Der Vizepräsident des OFC wehrt sich allerdings vehement dagegen, dass die Anhängerschaft Kickers rechtsradikal unterwandert sei. „Das ist kein Problem, das wir momentan haben“, so Kalt. „Wir haben keine rechte Szene unter unseren Fans.“