VON ANDREAS HUNZINGER (Quelle: fr-online.de)
Es ist nicht so, dass Wolfgang Frank sonst gelangweilt wirkt, wenn er sich zu einem bevorstehenden Spiel seiner Mannschaft äußert. Im Gegenteil. Gestern jedoch blitzte es in den Augen des 56 Jahre alten Fußball-Lehrers ein wenig mehr als sonst. Gesichtsausdruck und Tonfall verrieten, dass etwas Besonderes ansteht: Heute Abend trifft der Zweitligist Kickers Offenbach im Viertelfinale des DFB-Pokals auf Eintracht Frankfurt, und dem Bann des Derbys kann sich auch Trainer Frank nicht entziehen. Wegen der Paarung an sich, aber auch angesichts eines mit 24 000 Zuschauern ausverkauften Stadions am Bieberer Berg und der medialen Aufmerksamkeit sei das Duell mit dem Erzrivalen natürlich „ein Großereignis“ für ihn.
Auch gegenüber seinen Jungs braucht Frank die Besonderheit der Partie gegen den Nachbarn nicht extra zu betonen. Die wissen, dass sie nicht nur im Falle eines Sieges mit einer Sonderprämie rechnen dürfen, sondern nach zuletzt vier Punktspielniederlagen in Folge keine bessere Gelegenheit zur Rehabilitation erhalten als heute Abend. Ein gewonnenes Derby dürfte die Anhänger des OFC besänftigen und dem Team um Kapitän Markus Happe einen Schub für den Abstiegskampf in der zweiten Liga geben. Ganz abgesehen davon, dass ein Vordringen ins Halbfinale den Kickers einen weiteren satten Betrag bescheren würde. Neben der einen Million Euro, die der OFC als Bruttoeinnahme aus dem heutigen Derby veranschlagt, wären dann aus dem Fernsehtopf noch einmal etwa 1,2 Millionen Euro fällig. Hinzu kämen die Einnahmen aus dem Halbfinale an sich.
Der Runde der letzten Vier stehen aber noch mindestens 90 Minuten im Weg. Und der Kickers-Coach weiß genau, dass seine Mannschaft eine harte Nuss zu knacken hat. Über die Frankfurter Eintracht, die er bei deren jüngster 1:3-Niederlage beim Hamburger SV in Augenschein genommen hat, sagt Frank: „Das ist hohe Qualität, die da auf dem Platz steht. Wer Favorit ist, ist klar.“ Zudem verfüge sein Kollege Friedhelm Funkel auch noch über „hohe Qualität auf der Bank“. Dass die Eintracht ebenso wie der OFC im Ligaalltag gerade schwierige Zeiten durchlebt, darin sieht Frank indes den Ansatzpunkt für sein Team. „Die Eintracht hat eine Klassetruppe. Unsere Chance ist, dass die Eintracht momentan die Klasse sucht.“
Drei Positionen noch vakant
Um aber auch eine aktuell schwächelnde Frankfurter Mannschaft zu besiegen, müsse sein Team alle Qualitäten abrufen, die es besitze. Heißt: Zusammenhalt, Zweikampfstärke, Leidenschaft – und Lust an der besonderen Herausforderung. Denn bei aller Bedeutung der Partie und allem Ehrgeiz hält es Frank für unerlässlich, „dass wir eine gewisse Lockerheit an den Tag legen. Wichtig ist, dass die Jungs großen Spaß haben, ohne aber die wichtigen Dinge zu vergessen.“ Zu den wichtigen Sachen für den angestrebten Erfolg im Derby gehört für den Offenbacher Trainer bei aller Hingabe auch eine gute Portion professioneller Kühle. „Wir dürfen nicht blindwütig durch die Gegend rennen“, sagt Frank. „Organisierte Aggressivität“, das sei das Erfolgsrezept für den OFC.
Mit welchem Personal er der Eintracht begegnen wird, hat Frank noch nicht entschieden. Die Mannschaft, die am vergangenen Freitag gegen die TuS Koblenz 2:3 verlor, dürfte im Wesentlichen auch heute auflaufen. Über drei Positionen denkt Frank noch nach. Nach dem mäßigen Debüt von Alen Basic wird es einen neuen rechten Verteidiger geben. Die Kandidaten: der ehemalige Frankfurter Lars Weißenfeldt, Niko Bungert und Christian Müller. Letzterer könnte aber auch erneut im rechten Mittelfeld zum Zuge kommen, wenn sich Frank entschließen sollte, Neuzugang Marco Reich anstelle von Dino Toppmöller neben dem gesetzten Torjäger Suat Türker im Angriff einzusetzen. Damit hätte der OFC-Trainer die Option, bei der zu erwartenden spielerischen Überlegenheit der Eintracht über einen sprintstarken Stürmer für schnelle Konter zu verfügen. Nicht zum 18er-Kader zählen neben dem erkrankten Daniel Schumann und Basic Torhüter Ignjac Kresic, Torsten Oehrl, Ramazan Yildirim, Oualid Mokhtari, Heiner Backhaus, Bastian Pinske sowie die Nachwuchsakteure Steffen Schrod und Alexander Karrer.
Unabhängig davon, wer heute Abend um 20.30 Uhr im OFC-Dress auf dem Feld stehen wird, Wolfgang Franks Forderung ist eindeutig: „Die Mannschaft wird an ihr Limit gehen müssen.“
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