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Aus der Frankfurter Rundschau:
Kickers-Trainer Jörn Andersen über mainische Rivalität, persönlichen Ehrgeiz und die Chancen des OFC

Herr Andersen, haben Sie sich in Offenbach schon eingelebt?

Ja. Was mich ein bisschen stört, ist die Kälte.

Merkwürdig für einen Norweger.

Ich bin schon so lange in Deutschland, dass ich nicht mehr an Kälte gewöhnt bin. Und sie kam zu plötzlich.

Ist das Engagement beim OFC für Sie eigentlich so etwas wie eine Rückkehr in die Heimat?

Ich hatte immer Kontakt nach Hessen und Frankfurt. Es ist ein Vorteil für mich, dass ich schon mal hier war. Ich kenne die Leute, und die Leute kennen mich. Für mich sind Offenbach und Frankfurt quasi eine Stadt.

Sie wissen sicher, dass die Offenbacher und die Frankfurter das ein wenig anders sehen.

Ja. Aber ich habe das schon an anderer Stelle gesagt: Es gibt zwischen den Fans natürlich eine gewisse Rivalität Das gehört zum Fußball. Aber es hat sich alles aufgelockert. Ich wünsche mir, dass die Zusammenarbeit zwischen Eintracht Frankfurt und Kickers Offenbach intensiviert wird.

Sind Sie als Ex-Stürmer von Eintracht Frankfurt bei den OFC-Fans auf Vorbehalte gestoßen?

Alle, die ich bisher getroffen habe, waren mir gegenüber positiv gestimmt. Man muss natürlich mal abwarten, was passiert, wenn es schlecht läuft. Ich hatte eine schöne Zeit in Frankfurt, aber das war nur eine Station in meiner Karriere. Ich habe das nicht vergessen, und dass ich ein gutes Verhältnis zur Eintracht habe, ist kein Nachteil. Aber meine Zukunft ist jetzt Offenbach.

Würden Sie zustimmen, wenn wir sagen: Der OFC hat sich für die riskantere Variante entschieden, weil er einen Trainer genommen hat, der nicht automatisch in der Lotterie war?

Ich muss vor dem OFC den Hut ziehen, dass er eine gewagte Entscheidung getroffen hat. Aber ich weiß, was ich kann, und ich bin ein junger, moderner, ehrgeiziger Trainer.

Was war für Sie ausschlaggebend, nach Offenbach zu gehen?

Ich wollte in den deutschen Profifußball. Ich hatte ein Angebot aus Österreich und hätte auch mit Horst Köppel nach Kamerun gehen können. Aber die zweite Liga ist für mich genau das richtige Schaufenster, um zu zeigen, was ich kann. Und Offenbach ist die richtige Adresse.

Sie waren in Oberhausen in der Saison 2003/2004 unerwartet erfolgreich. In der darauffolgenden Spielzeit wurden Sie entlassen. Geht es auch darum, nun etwas gerade zu rücken?

Durchaus. Viele Trainer können ja gut reden, und viele Vereine fallen darauf rein. Aber ein Trainer muss auch beweisen können, dass er ein guter ist. Das habe ich eigentlich schon bewiesen. Aber ich hatte noch nicht die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum etwas aufzubauen.

Sie haben gesagt, dass Sie mit dem OFC offensiven Fußball spielen wollen. Ist das mit dem Kader möglich?

Der Kader ist nicht optimal, aber auch nicht schlecht. Wir werden uns sicher Gedanken machen, ob wir in der Winterpause etwas in der Offensive tun müssen.

Bundestrainer Joachim Löw hat jüngst den deutschen Ligafußball kritisiert. Teilen Sie seine Kritik?

Ja. Das liegt zu einem großen Teil daran, dass in Deutschland zu viele durchschnittliche ausländische Spieler geholt werden. Diesen Fehler habe ich auch gemacht.

Müssen also finanziell weniger gut situierte Klubs noch stärker auf Talente setzen?

Das wird auch gemacht. Aber nicht überall. Viele Vereine geben ihre Talente beispielsweise nicht an Zweitligisten, damit die dort Praxis sammeln können, sondern lassen sie in der Oberliga spielen.

Haben Sie als neuer Trainer der Offenbacher, der sofort unter Druck steht, der siegen und Erwartungen erfüllen muss, überhaupt die Zeit, junge Spieler wie Manuel Hornig, Benjamin Baier, Maximilian Watzka oder Alexander Karrer weiter zu bringen?

Schon. Aber man muss erst mal das Ganze sehen. Ich werde mit den jungen Spielern extra arbeiten. Aber zuerst gilt: Ich will nicht absteigen. Und das schaffen wir, davon bin ich überzeugt.

Was macht Sie so sicher?

Wir haben eine gute Ausgangsposition. Wir stehen auf einem Nichtabstiegsplatz. Jena und Paderborn dürfen uns nicht mehr einholen. Egal, was passiert. Kaiserslautern und Augsburg sind zwar auf dem Papier besser, haben aber einen Antilauf. Mit Mannschaften wie St. Pauli, Wehen Wiesbaden, Osnabrück, Aue, und Koblenz können wir uns messen und zwei von ihnen hinter uns lassen.

Herr Andersen, Sie sind in zwei Jahren noch OFC-Trainer, weil….

…ich an der richtigen Stelle bin und die Möglichkeit habe, mehr zu bewegen als damals in Oberhausen.

Interview: Andreas Hunzinger und Wolfgang Hettfleisch