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Aus der Frankfurter Rundschau:
Wolfgang Frank ist Fußballtrainer aus Leidenschaft, doch die Karriere lehrte ihn Demut und Gelassenheit – die braucht er auch beim OFC
VON ANDREAS HUNZINGER

Wer etwas über den Menschen Wolfgang Frank erfahren will, der muss ihn beobachten, wenn er redet. Der Trainer des Fußball-Zweitligisten Kickers Offenbach sagt von sich zwar, er sei im Vergleich zu früheren Zeiten gelassener geworden. Doch wenn er über Fußball im Allgemeinen und seine Mannschaft im Speziellen spricht, spürt man in jeder Sekunde das Feuer, das in dem 56 Jahre alten Coach lodert. Frank sitzt leger in seinem Ledersessel auf dem Podium des Presseraums im Stadion am Bieberer Berg, die Gesten sind sparsam. Doch seine Mimik und der sich je nach Bedeutung des Themas verschärfende Tonfall verraten, dass Frank sich zähmt.

Der gedrungene Schwabe räumt das freimütig ein, vor allem, wenn er nach seiner Sicht der Dinge zur sportlichen Lage der Offenbacher gefragt wird. „Ich übe mich in Geduld“, sagt er – und legt die Betonung auf „übe“. Denn die nun bald drei Jahre, die der einstige Mittelstürmer – der für den VfB Stuttgart, Eintracht Braunschweig, Borussia Dortmund und den 1. FC Nürnberg zwischen 1971 und 1982 215 Bundesligaspiele bestritt und dabei 89 Tore erzielte – in Offenbach verbracht hat, „waren geprägt von einem brutalen Überlebenskampf“.

Vor allem die vergangene Saison, als der OFC nach zwischenzeitlichem Höhenflug auf Platz sechs gespült worden war, ehe nach einer monatelangen Serie von Misserfolgen der Klassenerhalt mit Hängen und Würgen am letzten Spieltag gesichert wurde, hat Frank Demut gelehrt. Der Fortschritt, das weiß er nun, wird bei einem Klub wie dem DFB-Pokalsieger von 1970 nicht in Siebenmeilenstiefeln erzielt. Unterwegs wartet manche Beschwernis. Und es ist Geduld gefragt. „Ich weiß, dass die Dinge Zeit brauchen“, sagt Frank. Dass die nur selten gewährt wird im heutigen Fußballgeschäft, damit hat er sich abgefunden. „Ich nehme das hin. Es gibt ja keine Alternative“, sagt er. Dass der Fußball so im Fokus steht, sieht er positiv, die Schnelllebigkeit akzeptiert er. Auch jetzt, wo der OFC nach neun Spielen solide auf Platz neun notiert ist, die Nörgler aber keine Ruhe geben. Nur in einer Sache kennt Frank keine Kompromisse: Die sportliche Arbeit steht über allem, was der Fußballprofi der Neuzeit sonst noch so an Terminen hat.

Kompromissbereitschaft wird bei der Arbeit auf dem Platz ohnehin ausreichend gefordert. „Wenn man als Klub nicht genügend finanzielle Mittel hat, muss man Kompromisse machen“, sagt Frank. Er macht sie, weil er sich in der Rolle des Kämpfers, der in einer Trainerlaufbahn noch keinen Klub mit einem hochkarätig bestückten Kader betreut hat, auch ein wenig gefällt. Insofern begreift Frank sein Engagement in Offenbach als Chance, sich im Profifußball hierzulande noch mal nachhaltig in Erinnerung bringen. „Es ist wichtig zu zeigen, dass auch mit bescheidenen Mitteln etwas möglich ist“, sagt er.

Dass ihn seine Laufbahn als Trainer noch nie in die erste Liga geführt hat, bedauert er. Seine oftmals emotionale Bindung an die von ihm trainierten Klubs habe ihm bisweilen im Weg gestanden, gesteht Frank. So wie im Frühjahr 1998, als Frank, bei Austria Wien unter Vertrag, eine Offerte von Werder Bremen vorliegen hatte, aber stattdessen ein zweites Mal zum FSV Mainz 05 in die zweite Liga wechselte. Er glaubte, den Mainzern nach seinem von vielen als überstürzt empfundenen Ausstieg im März 1997 noch etwas schuldig zu sein. Auch solche Aktionen beschreiben Wolfgang Frank. Identifikation ist für ihn keine Floskel, auch deshalb erwartet er von seinen Spielern totale Hingabe für die gemeinsame Sache.

Frank hinterfragt die Haltung seiner Spieler immer wieder. Wie auch die eigene. „Meine Frau testet mich immer“, sagt er. Sie frage ihn regelmäßig, ob er mit den Profis, die im Schnitt 25 bis 35 Jahre jünger sind als er, noch klarkomme. Bisher, sagt Frank, gelänge ihm das noch. Vor allem deshalb, weil er den persönlichen Kontakt zu den Profis für unabdingbar hält. Von allzu viel Distanz eines Trainers zu seinen Kickern halte er nicht viel. Er könne zwar „brutal sauer“ auf seine Jungs sein, aber „sie auch in den Arm nehmen“.

Niederlagen verdaut Frank heute besser, aber leicht wird einer wie er das Verlieren nie nehmen. „Früher bin ich gestorben, wenn wir verloren haben. Heute sterbe ich nur noch zur Hälfte.“