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Aus der FAZ:

Gewissenhafte Vorbereitung nur beim Trainer: Die 1:3-Niederlage bei St. Pauli ärgert Frank

Von Christian Görtzen
Hamburg. Ganz kurz wolle er es machen, sagte Wolfgang Frank nach dem Spiel der Offenbacher Kickers in der Zweiten Fußball-Bundesliga. Die Journalisten im Pressecontainer des FC St. Pauli ahnten schon, was der Gast zur 1:3- Niederlage seiner Elf beim Aufsteiger sagen würde. Es gibt da schließlich so ein rhetorisches Standardprogramm, auf das Trainer in Momenten tiefster Enttäuschung gerne zurückgreifen. „Wir waren nicht präsent genug“, heißt es dann häufig. Und dann noch etwas zu den Rahmenbedingungen („der Boden war tief“) und einen „Glückwunsch an St. Pauli“. Kurz und noch am schmerzlosesten wäre das gewesen. Frank aber gelang es nicht, es dabei zu belassen, weil er nicht nur die 90 Minuten betrachtete, sondern in Gedanken mit dem großen Ganzen beschäftigt war.

Was hatte er nicht alles getan? Wie gewissenhaft hatte er nicht die Vorbereitung auf das Spiel betrieben? Schon am Mittwochmittag, 53 Stunden vor dem Anpfiff im Millerntorstadion, war die Mannschaft von Kickers Offenbach in den Zug gestiegen. Ausgeruht und bestens angepasst an das norddeutsche Klima sollten die Spieler in die Partie gehen können. Die Mannschaft hatte sich am Tag zuvor das Stadion angeschaut, die Offenbacher hatten sich vom FC St. Pauli zu Übungszwecken die Spielbälle geben lassen. Und jetzt musste Frank feststellen, dass Aufwand und Ertrag in eklatantem Missverhältnis zueinander standen.
„Wir haben sehr viel in das Spiel investiert, daher ärgert mich die Niederlage maßlos“, sagte er. Geschenke hätten seine Spieler verteilt, wie vor dem 0:1 (3. Minute), als Linksverteidiger Santos de Brito Sidney seinen Mitspieler Martin Hysky mit einem missglückten Zuspiel in Bedrängnis brachte. Alexander Ludwig fuhr dazwischen und erzielte vor 15 300 Zuschauern das Tor. Kickers-Torhüter Daniel Endres machte beim 2:1 durch Marvin Braun (35.) ebenfalls keine gute Figur. Viel fataler sei aber, dass einige Spieler sich nicht professionell genug verhalten hätten. „Es kann nicht angehen, dass einige Leute die falschen Schuhe anhaben. Da muss ich doch drei, vier Paar Schuhe dabeihaben“, sagte er. Frank redete sich in Rage. „Dafür muss man eigentlich gravierende Geldstrafen aussprechen. Ich werde dieses Thema noch mit ihnen besprechen. Das werden sie schon lernen.“
Nicht nur über die Rutschpartien einiger Spieler – vor allem in der ersten Halbzeit, als ein sintflutartiger Regen niederging – ärgerte er sich. Auch mit dem Verhalten von Qualid Mokhtari und Sidney war er nicht einverstanden. Sie hatten sich vom Publikum beeindrucken lassen und spielten unkonzentriert. Für die Kickers wäre mehr drin gewesen als nur der Treffer zum 1:1, den Stephan Sieger (22.) nach einem Torwartfehler von Patrik Borger erzielte. Danach taumelten die Offenbacher. Denis Epstein (24.), Dino Toppmöller und Thorsten Judt (26.) ließen beste Chancen zur Führung aus. Das 1:3 durch Marcel Eger (64.) schockierte die Kickers.
Es gab nur noch sporadisch Chancen für Offenbach, wie in der 72. Minute durch den eingewechselten Suat Türker, dessen Schuss nur die Latte traf. Am Ende standen eine gerechtfertigte Niederlage zu Buche und die bittere Erkenntnis, dass St. Pauli kein gutes Terrain für die Kickers ist. Auch im siebten Spiel gab es dort keinen Sieg.

Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 16.09.2007, Nr. 37 / Seite R12