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„Nur weil ich die Binde am Arm habe, bin ich nicht der Chef“

Aus der Frankfurter Rundschau:
Kickers-Kapitän Thorsten Judt über seine neue Rolle beim Zweitligisten aus Offenbach, die Zusammenarbeit mit Trainer Frank und das Niveau der Mannschaft

Herr Judt, Sie sind das erste Mal in Ihrer Karriere Kapitän?

Ja. Vorher habe ich nur mal die Binde getragen, wenn die etatmäßigen Kapitäne ausgefallen sind.

Strebt man als Fußballer an, mal Kapitän zu werden?

Ich habe immer gedacht: Lasst mich Fußball spielen und mit allen Nebengeräuschen in Ruhe.

Was hat Sie bewogen, das Amt nun zu übernehmen?

Wenn man als Fußballer älter ist, muss man mehr Verantwortung übernehmen. Ich denke zudem, dass ich ein einigermaßen gutes Standing in der Mannschaft habe und dass ich mit dem Trainer auf einer Wellenlänge liege.

Hatten Sie mal einen Kapitän, von dem Sie sagen würden, dass er für Sie ein Vorbild ist?

Nein. Man kann keinen kopieren. Außerdem darf man das Kapitänsamt nicht überbewerten. Nur weil ich die Binde am Arm habe, bin ich nicht der Chef und die Jungs müssen alle auf mich hören.

Worin sehen Sie die primären Aufgaben eines Kapitäns?

Zunächst mal in der Außendarstellung. Du sprichst mehr mit den Medien. Du musst dich kümmern und im Ernstfall auch vermitteln.

Kann man mit Wolfgang Frank gut diskutieren?

Es ist schon eine Herausforderung, mit ihm zu diskutieren (lächelt). Es ist aber beileibe nicht so, dass sich der Trainer andere Meinungen nicht anhört.

Hatten Sie schon schwierige Aufgaben zu lösen? Beispielsweise mit dem langjährigen Stammtorwart Cesar Thier, der zuletzt auf die Bank musste?

Nein. Cesar hat die Situation sportlich aufgenommen. Es ist für ihn natürlich hart, zumal er mit 39 Jahren in einem Alter ist, in dem er genau weiß, dass er nicht mehr lange spielen wird. Aber Cesar verhält sich wie vorher auch.

War auch der Fall Marco Reich Gegenstand der Diskussionen?

Das ist mit dem Trainer diskutiert worden. Und nicht nur von mir.

Was sagt die Mannschaft dazu?

Ich sage nur so viel: Die Mannschaft kann die Entscheidung des Trainers nachvollziehen. Dabei geht es nicht um den Menschen Marco Reich, sondern um seine sportlichen Leistungen.

Trainer Frank hat gesagt, der schon im vergangenen Jahr gute Teamgeist habe sich durch die Neuzugänge nochmal verbessert. Korrekt?

Der Teamgeist ist auf keinen Fall schlechter geworden. Aber es ist noch zu früh, ein Fazit zu ziehen. Aber wie es im Moment aussieht, passt das alles gut zusammen.

Was lässt in dieser Saison ein besseres Abschneiden erwarten als jenes im vergangenen Jahr?

Es ist zu früh zu sagen: Wir haben mit dem Abstieg nichts zu tun. Wir sind schon einmal gut gestartet (in der Saison 2005/2006, Anm. d. Red.) und waren plötzlich am Ende der Tabelle. Wir wissen, was wir können, aber auch, was wir nicht können. Wir müssen über die Geschlossenheit kommen und stets an die Grenze gehen.

Hat sich die Mannschaft durch die Zugänge dennoch verbessert?

Da bin ich sicher. Wir haben die Typen, die spielerisch was drauf haben. Aber wir sind noch nicht hundertprozentig eingespielt.

Wie sind Sie mit Ihren bisherigen Leistungen zufrieden? Man sagt ja, Sie brauchten immer ein bisschen Anlauf…

Das habe ich auch gehört (lacht). Aber es scheint so zu sein. Wenn ich im letzten Jahr bester Torvorbereiter war und in dieser Saison in den ersten vier Spielen kaum eine gescheite Flanke in den Strafraum haue, gibt es natürlich Kritik. Ich weiß, dass ich noch nicht das Optimum gebracht habe.

Befällt einen da mit 36 der Gedanke, es könnte allmählich mit der Karriere zu Ende gehen?

Ich denke eigentlich nicht daran. Ich weiß, dass ich fit bin und mir die Jungen noch nicht weglaufen. Wenn es irgendwann mal so sein sollte, werde ich selber sagen: So, das war’s. Solange ich noch jeden Tag Bock auf die Geschichte habe, will ich noch spielen.

Interview: Andreas Hunzinger

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