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Kickers Offenbach träumt dank eines Treffers von Agritis lang vom Punktgewinn in Aue und geht doch leer aus VON ANDREAS HUNZINGER (AUE) (Quelle: fr-online.de)

Stephan Sieger war nicht danach zumute, etwas zu sagen. Auch Thorsten Judt schüttelte nur den Kopf, als er den Platz im Erzgebirgstadion verließ. Den beiden Mittelfeldspielern der Offenbacher Kickers hatte es, wie ihren Teamkollegen. die Sprache verschlagen. Das, was kurz zuvor passiert war, hatte ihnen den Nerv geraubt. 1:1 hatte es im Spiel der Zweiten Fußball-Bundesliga zwischen Erzgebirge Aue und dem OFC bis wenige Sekunden vor Schluss gestanden. Die Kickers, seit sechs Partien ohne Sieg, schienen auf dem besten Wege, den favorisierten Sachsen einen Zähler abzuknöpfen. Doch dann brach die letzte Minute der Nachspielzeit an, und die Gastgeber bekamen noch einmal einen Eckball zugesprochen. Der Ball wurde in den Strafraum gespielt, der Offenbacher Mittelfeldakteur Christian Pospischil schoss beim Versuch zu klären einen Gegenspieler an, und im zweiten Anlauf fand der Auer Flankengeber Tom Geißler schließlich seinen Stürmer Dimitar Rangelov, der zum 2:1 für Erzgebirge einköpfte.

Schiedsrichter Florian Meyer pfiff anschließend gar nicht mehr an – und die Kickers-Akteure waren restlos bedient.

Hinterher suchten die OFC-Kicker verzweifelt nach Erklärungen. „Wir hätten ein Unentschieden verdient gehabt“, fand Angreifer Suat Türker, schließlich habe man „einen großen Kampf gezeigt“ und Aue das Leben schwer gemacht. Auch Trainer Wolfgang Frank nannte das, was in der Nachspielzeit passiert war, „richtig tragisch“ für seine Mannschaft. Doch bei allem Hader über den späten Verlust des schon sicher geglaubten Punktgewinns hatten die OFC-Spieler und ihr Vorgesetzter den Blick für die Realitäten nicht verloren. „Wir haben uns ein bisschen zu weit zurückgezogen“, sagte etwa Coach Frank, während Ersatzkapitän Thomas Wörle, der nach seiner fünften Gelben Karte im nächsten Spiel in zwei Wochen gegen die Spielvereinigung Greuther Fürth gesperrt ist, für die kärglichen Offensivbemühungen des OFC den Begriff „passiv“ fand.

In der Tat hatten die Kickers während der insgesamt 93 absolvierten Minuten kaum nennenswerte Aktionen nach vorne starten können. Die wegen der Sperren von Matej Miljatovic und Rüdiger Rehm erneut umgebaute Viererabwehrkette erledigte ihren Job zwar solide und gestattete den oft ungeordnet angreifenden Gastgebern außer zwei Großchancen von Rangelov, der allein vor OFC-Schlussmann Cesar Thier scheiterte (33.) und in der zweiten Halbzeit mit einem wuchtigen Schuss von der Strafraumgrenze die Unterkante der Latte traf (77.), kaum zwingende Aktionen. Doch ein Offensivspiel der Kickers fand kaum statt. Zwar konnten beide Teams den böigen Wind als mildernden Umstand für manche Ungenauigkeit reklamieren, doch „nach vorne war das zu wenig“, gestand Dino Toppmöller. Für den nach einer Gelbsperre wieder in die Startelf zurückgekehrten Stürmer war das späte Auer Siegtor somit auch „eine logische Konsequenz“ der kaum vorhandenen Offenbacher Offensive.

Dass die Kickers überhaupt bis zur letzten Sekunde auf einen Punktgewinn hoffen durften, lag an einer optimalen Quote im Ausnutzen von Tormöglichkeiten. Der OFC besaß während des gesamten Spiels nämlich genau eine, und die verwertete der eingewechselte Stürmer Anestis Agritis nach 66 Minuten mit einem trockenen Schuss aus 14 Metern Entfernung in die rechte Torecke zum 1:1 (siehe weiteren Bericht auf dieser Seite). Eine Minute zuvor hatte Tomas Klinka den FC Erzgebirge Aue nach einem Freistoß seines Teamkollegen Marco Kurth und einer unglücklichen Abwehraktion von Wörle aus kurzer Distanz in Führung geschossen.

Die optimale Ausbeute beim Verwerten der Torchancen half den Offenbachern am Ende jedoch nicht. Nach der zwölften Saisonniederlage stagniert der OFC im Abstiegskampf. Zwei Punkte aus den vergangenen sieben Spielen lautet die wenig erbauliche Bilanz, nur die Niederlage der Spielvereinigung Unterhaching sorgte dafür, dass der Abstand zu den Abstiegsplätzen bei fünf Punkten bleibt. Zwei Wochen haben die Kickers nun Zeit, die Wunden zu lecken. „Das ist eine Sache, die uns richtig fordert“, sagt Trainer Frank zur Situation. „Wir müssen weiter lernen. Und das werden wir tun.“