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Aus der Offenbach Post:
Offenbach ‐ 3:3 beim SV Wiesbaden, 3:3 gegen den SV Sandhausen. Zwei identische Ergebnisse für die Offenbacher Kickers, aber zwei völlig unterschiedliche Bewertungen. Von Jochen Koch

Das 3:3 in Wiesbaden wurde als Erfolg, nach dem 1:3-Rückstand als moralischer Sieg gefeiert. „Wir sind ein würdiger Tabellenführer“, meinte Stefan Zinnow vor einer Woche. Das 3:3 gegen den SV Sandhausen werteten die Offenbacher Spieler nach dem späten Ausgleichstreffer in der 87. Minute wie eine Niederlage, sehen den angestrebten Aufstieg in Gefahr. „So reicht es nicht“, meinte Stefan Zinnow. Das Paradoxe: Obwohl der Spitzenreiter nur zwei Punkte aus den letzten zwei Spielen holte, wurde der Vorsprung auf den Tabellenzweiten sogar um einen Zähler ausgebaut.

Mit einem Sieg hätte sich der OFC auf fünf Punkte absetzen können. Doch ausgerechnet ein Ex-Offenbacher verdarb den Kickers in der 87. Minute die Adventsstimmung. Regis Dorn köpfte völlig freistehend den späten Ausgleich. Ärgerlich für den OFC, doch folgerichtig, weil die Mannschaft seit einigen Spielen in der Defensive nicht mehr so stabil wirkt und sich zu viele Konzentrationsfehler leistet.

Die Kickers boten gegen Sandhausen in der Offensive eine ihrer besten Vorstellungen. Sie erspielten sich mit großer Kreativität, Spielintelligenz und beeindruckendem Kurzpassspiel eine Fülle von Tormöglichkeiten. Wenn man aber das Chancenverhältnis von 14:4 in Relation zum Endstand von 3:3 setzt, wird die Diskrepanz deutlich. Der immense Aufwand, den die Gastgeber betrieben, steht im krassen Missverhältnis zum Ertrag. Das macht auch den Spielern zu schaffen. Am Samstag waren gegenseitige Schuldzuweisungen nicht zu überhören.

Abwehrspieler haben bei Gegentoren gepennt

Die Offensivkräfte waren enttäuscht, dass die Abwehrspieler bei allen drei Gegentoren gepennt hatten. Das 0:1 durch Dorn leitete Chaftar mit einem Fehlpass in der eigenen Hälfte ein. Beim 2:2 ließ man Sandhausens Eberlein nach einem Eckball unbehelligt einschießen. Und beim 3:3 kümmerte sich niemand um den bekannt torgefährlichen Dorn, der wieder freistehend einköpfen durfte. „Im Spiel nach vorn haben wir Aufstiegsambitionen, so wie wir verteidigen, reicht es aber nicht“, schimpfte Stefan Zinnow nach sechs Gegentoren in zwei Spielen. „Es kann nicht sein, dass wir vier Tore schießen müssen, um zu gewinnen.“

„Wir hatten sehr viele Möglichkeiten und hatten es selbst in der Hand, das Spiel früher zu entscheiden“, will Kapitän Martin Hysky nicht alle Schuld auf die Abwehr wälzen und wünscht sich mehr Qualität im Abschluss. „Wir müssen zwei Tore mehr machen.“

Zu Saisonbeginn wurde beim OFC ein Sturmproblem beklagt. In den ersten zwölf Spielen erzielte der OFC 17 Tore. Neu-Trainer Steffen Menze entwickelte eine neue, bessere Qualität in der Offensive. Der OFC stürmte mit 15 teilweise herrlich herausgespielten Toren in sechs Spielen an die Tabellenspitze. Doch plötzlich stimmt die Balance mit der Defensive nicht mehr. Als sich Boysen zum FSV verabschiedete, hatte der OFC nach zwölf Spielen sieben Gegentore. In den letzten sechs Spielen kassierte der schuldlose Torwart Robert Wulnikowski zehn Gegentreffer. „Eindeutig zuviel“, sagen Menze und Sportmanager Andreas Möller. Der Trainer beklagt Sorglosigkeit, Unkonzentriertheit und Inkonsequenz seiner Deckungsreihe, besonders bei Standardsituationen. Andreas Möller fordert wie sein einstiger Schalker Trainer Huub Steven: „Die Null muss wieder stehen. Grundbasis für Erfolg ist Stabilität in der Deckung. Wir dürfen in der Defensive nicht mehr so viel zulassen.“

Serie hält: Seit acht Spielen ungeschlagen

Auch wenn es vorwiegend individuelle Fehler bei den Gegentoren waren, macht sich das Fehlen von Steffen Haas stark bemerkbar. Obwohl Nils Pfingsten-Reddig (starke Aktionen in der Offensive) und Christian Pospischil (viele Balleroberungen) keineswegs schwach spielten, fehlt der zweikampf- und kopfballstarke Haas als Defensiv-Koordinator.

Auch wenn das 3:3 fast wie eine Niederlage gewirkt hat, haben die Kickers ihre Erfolgsserie verlängert. Sie sind seit acht Spielen ungeschlagen, seit fünf Spieltagen Spitzenreiter. Und Trainer Steffen Menze bleibt weiterhin ungeschlagen.