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Aus der Offenbach Post:
Kickers-Fans feiern bis spät am Abend den Klassenerhalt in der 2. Liga / Spieler bis Donnerstag in Mallorca

Von Holger A p p e l

Offenbach – Sonntag, 20. Mai, 15.47 Uhr. Abpfiff im Stadion auf dem Bieberer Berg. Co-Trainer Manfred Binz und Torwarttrainer Rene Keffel fallen ihrem Chef, Wolfgang Frank, am Spielfeldrand um den Hals. Kapitän Thomas Wörle geht auf dem Feld in die Knie und ballt die Faust. Geschafft. Das Zittern hat ein Ende. Endlich. Das 1:1 am letzten Spieltag der 2. Fußball-Bundesliga gegen Absteiger Eintracht Braunschweig reicht aus zum Klassenerhalt in der 2. Liga. Die Ersatzspieler der Offenbacher Kickers sprinten völlig losgelöst auf das Feld, fallen ihren Kollegen um den Hals. dino Toppmöler nimmt Anestis Agritis Huckepack. Menschenknäuel auf dem grünen Rasen nach einer mehr als dürftigen Abschiedsvorstellung, Menschenknäuel auf den Tribünen. Wildfremde Menschen liegen sich dort in den Armen. Minutenlang. Befreit von einer zentnerschweren Last. Die Kickers gehen nach der Sommerpause in ihre dritte Saison in Folge in der 2. Liga. Weiterhin Spiele in den WM-Stadien München, Kaiserslautern, Köln statt auf Provinzsportplätzen wie in Ingolstadt, Oggersheim und Elversberg.

Der Stadionsprecher gibt die bereits via Radio und Handy bekannten Ergebnis der Spiele in Rostock und Duisburg noch einmal offiziell über Lautsprecher bekannt. Unterhaching sowie Essen stehen als Absteiger fest. Und nicht der OFC, der mit Müh und Not das rettende Ufer erreicht hat. „Wir fahren nach Gladbach – jawohl“, skandieren die Fans der Kickers wenige Minuten nach dem Abpfiff auf dem Rasen mit Vorfreude auf die Partie beim fünfmaligen Deutschen Meister.

In den 91 Spielminuten zuvor waren die Fans der Kickers durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen. Ständig im Niemandsland zwischen der 2. Liga und Regionalliga Süd. „Was für ein Spiel, was für eine Saison – ich bin fix und fertig. Aber Hauptsache, das ist noch einmal gut gegangen“, stammelt Kickers-Fan Tihomir Kukic, einst Torjäger des BSC Hellas Offenbach, Minuten nach dem Abpfiff. „Ich bin heute 1000 Tode gestorben und völlig geschafft. Ständig sind auf der Tribüne Zwischenstände bekannt gegeben – nicht immer waren sie richtig. Das macht dich fix und fertig“, berichtet Antje Hagel vom Offenbacher Fanprojekt über diesen Nachmittag voller Hoffen und Bangen.

Kurz nach 16.00 Uhr. Die Spieler und der Betreuerstab stülpen sich rote T-Shirts mit dem Aufdruck „Geschafft 2006/07“ über. Niko Bungert, Bastian Pinske und Ersatztorhüter Daniel Endres bespritzen auf dem Rasen Fans und Journalisten mit Sekt, ehe sie sich mit ihren Teamkollegen auf den Ehrenplätzen der Offenbach-Post-Tribüne feiern lassen. Auch „Schorsch is des schee“, das Aufstiegslied aus dem Jahre 1999, ist zu hören. Gänsehautatmosphäre noch lange nach dem Abpfiff. „Das ist einfach überragend. Schön, dass wir unseren Zuschauern und uns mit dem Klassenerhalt eine große Freude haben machen können. Wir können uns nur bei unseren Fans bedanken, sie sind die besten der 2. Liga“, sagt Innenverteidiger Matej Miljatovic auf dem Gang von der Haupt- zur Kabine unter der Waldemar-Klein-Tribüne

Nach den Feierlichkeiten auf dem Bieberer Berg ziehen die Kickers-Spieler in die griechische Taverne Mythos am Buchhügel. Die Fans harren noch lange in den Bieberer Kneipen aus. Das Bier fließt in Strömen. Früh um vier Uhr fliegen 16 Spieler vom Frankfurter Flughafen – zu einem viertägigen Kurztrip nach Mallorca, wo die Mannschaftskasse geleert wird. „Wir sind volles Risiko gegangen; entweder stornieren oder feiern ohne Ende“, berichtet Verteidiger Pinske. „Zum Glück ist ja alles gut gegangen.“