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Nach neun Spielen ohne Sieg landen kampfstarke Offenbacher Kickers im wegweisenden Duell mit Burghausen endlich wieder einen Erfolg
VON ANDREAS HUNZINGER (Quelle: fr-online.de)

Sie sagten alle das Gleiche. Wen man von den Offenbacher Kickers nach dem schwer erkämpften 2:1-Heimsieg im Abstiegsduell der Zweiten Fußball-Bundesliga gegen Wacker Burghausen auch fragte, der Tenor, in dem Spieler, Trainer und Funktionäre sprachen, war stets gleich. Zusammengefasst lautete er: „Es war wichtig, dass diese Scheißserie rum ist.“ Vizepräsident Thomas Kalt sprach diese drastischen Worte und traf damit genau die Gefühlslage von Trainer Wolfgang Frank und seinen Jungs.

Neun Spiele hatte der OFC zuvor nicht mehr gewonnen, von 27 möglichen gerade mal mickrige zwei Pünktchen aufs Konto geschaufelt. Der einstmals so komfortable Vorsprung auf die Abstiegsplätze von elf Zählern war auf ganze zwei zusammengeschmolzen. Da war es nur allzu verständlich, dass sich nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Christian Dingert die Erleichterung auch in markigen Worten Bahn brach. „Das war eine Wahnsinnszeit“, gestand Rüdiger Rehm nach dem Spiel, die Mannschaft, so der Linksverteidiger weiter, habe zuletzt „ziemlich gelitten“.

Auch Coach Frank hatte in den Wochen der Erfolgslosigkeit einiges abbekommen, etliche Fans hatten unverhohlen die Ablösung des 56 Jahre alten Fußball-Lehrers gefordert. Der wiederum hatte sich nicht beirren lassen und seiner Mannschaft nach der deftigen 0:4-Pleite vom vergangenen Wochenende in Duisburg beharrlich mehr Aggressivität einzuimpfen versucht. Seine Methode war erfolgreich. Wenn dem OFC bei sommerlichen Temperaturen im Stadion am Bieberer Berg spielerisch auch längst nicht alles gelang, so war Franks Mannschaft dieses Mal doch in jeder Phase der Partie bereit, an und über die Schmerzgrenze hinaus zu gehen. In der ersten Halbzeit gestattete sie den harmlosen Gästen keine Torchance, während sie ihrerseits durch einen Lattenschuss von Torjäger Suat Türker (29.) eine gute ausließ und die zweite durch den 31 Jahre alten Stürmer zum 1:0 nutzte (37.).

Selbst als die Gäste durch ein Eigentor von Kickers-Kapitän Thomas Wörle, der den Ball nach einer Ecke mit dem Körper unglücklich ins eigene Netz lenkte, zum 1:1 kamen (57.), brachen die Offenbacher nicht ein, auch wenn sie einige Minuten bedenklich wackelten. Doch der Wille des OFC, dieses wegweisende Spiel zu gewinnen, war trotz etlicher Unzulänglichkeiten an diesem Tag so groß, „dass ich nie das Gefühl hatte, dass wir heute verlieren können“, wie Mittelfeldakteur Stephan Sieger später sagte.

„Das haben wir heute gelebt“

Eine Glanzleistung von Mittelfeldroutinier Thorsten Judt, der seinen Kollegen Oualid Mokhtari mit einem optimal getimten Pass in die Tiefe auf die Reise schickte, sowie die Präzisionsarbeit Mokhtaris, der das Leder maßgerecht vor das Burghausener Tor servierte, eröffneten Türker schließlich nach 79 Minuten die Möglichkeit zum 2:1, die der nachher umjubelte Torjäger aus kurzer Distanz nutzte. Mit diesem Tor sicherte Türker dem OFC nicht nur Saisonsieg Nummer neun, sondern auch ein Erfolgserlebnis, „dass eminent wichtig war“, wie Kapitän Wörle bekannte. Dass sie nach den langen Wochen der Tristesse und der Selbstzweifel diesen Erfolg verdient hatten, daran bestand für die Offenbacher kein Zweifel. „Das war ein Sieg der Begeisterung und der Leidenschaft“, konstatierte Trainer Frank. Wörle pflichtete ihm bei: „Leidenschaft und Kampf – das haben wir heute einfach gelebt.“

Die Perspektiven, die sich durch den ersten Sieg seit dem 28. Januar (2:1 gegen 1860 München) ergeben, beurteilten die OFC-Profis derweil zurückhaltend. Dies sei ein Schritt in Richtung Klassenerhalt, sagte Linksverteidiger Rehm, „ein kleiner“. Eine deutlich größere Wirkung als auf die Tabelle dürfte der Erfolg auf die Psyche der Spieler und der Fans haben. Der Glaube an ein drittes Jahr in der Zweiten Bundesliga ist seit gestern wieder ein gutes Stück gewachsen.