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Frankfurter Rundschau: Herr Dämgen, die sportliche Situation bei Kickers Offenbach hat sich zuletzt nach zwei Punkten aus sieben Spielen wieder deutlich verschärft. Hat man sich in Offenbach zu früh in Sicherheit gewähnt?

Michael Dämgen: Nach der Siegesserie und der unglücklichen Niederlage in Karlsruhe waren die Spieler vor der Partie gegen Paderborn wohl der Meinung ,die schlagen wir schon‘. Dann haben wir gegen Paderborn verloren und die Jungs waren konsterniert. In Unterhaching haben wir völlig daneben gelegen, dann kamen noch die Niederlage gegen Koblenz und das Pokalspiel gegen Frankfurt. Danach waren wir wieder drin im negativen Kreislauf.

Der OFC ist schlecht gestartet, hatte dann eine Sieges- und wieder eine Negativserie. Wo ist die Mannschaft tatsächlich einzuordnen?

Wir konnten bei Rot-Weiss Essen (2:2/Anm. d. Red.) gewinnen und auch gegen Hansa Rostock (1:1/Anm. d. Red.), als wir sehr gut gespielt haben. Und hätten wir zuletzt in Aue (1:2/Anm. d. Red) unentschieden gespielt, hätten wir fünf Punkte mehr. Fakt ist aber, dass die Wellentäler zu groß sind.

Dem OFC wurde oft vorgehalten, er habe sich vor der laufenden Saison nicht ausreichend verstärkt…

Unsere Philosophie war, die Mannschaft im Wesentlichen zu lassen, wie sie ist, weil wir von ihr überzeugt waren. Zu den Neuen: Niko Bungert hat ordentliche Leistungen gezeigt, Dino Toppmöller auch. Bungert kam aus der Oberliga als Nachwuchsverteidiger, Toppmöller hatte lange nicht gespielt und brauchte Zeit, um seine Wettkampfstabilität zu bekommen. Ignjac Kresic wurde als erfahrener Ersatztorwart geholt. Markus Kreuz hat am Anfang gespielt, aber richtig ist: Er ist ein gestandener Spieler, da muss mehr kommen. Von Sean Dundee (der Stürmer ist bis zum Saisonende an den Regionalligisten Stuttgarter Kickers ausgeliehen/Anm. d. Red.) hatten wir uns mehr erhofft. Er war zu oft verletzt, wenn er aber fit war, hat er uns geholfen. Ich glaube, dass unsere Überlegungen richtig waren.

War es auch richtig, in der Winterpause neben Dundee auch einen Eckpfeiler wie Regís Dorn ziehen zu lassen, der jetzt für Hansa Rostock angreift, vier neue Spieler zu verpflichten und ein gut funktionierendes Gefüge zu verändern?

Man muss natürlich alles hinterfragen. Aber Sean wollte unbedingt spielen, dann kam die Anfrage aus Stuttgart. Regìs wiederum wollten wir nicht abgeben. Aber Rostock (dort hatte Dorn im Januar einen Vertrag für die kommende Saison unterschrieben/Anm. d. Red.) hat die ersten beiden Spiele der Rückrunde verloren und Druck auf Regís ausgeübt. Außerdem wollte Regís weg, er war gedanklich nicht mehr in Offenbach.

Und die Winterzugänge des OFC?

Alen Basic war nach seiner langen Verletzung zwei Monate bei uns im Probetraining. Ich kannte ihn aus Dresden, er kann auf dem Niveau spielen. Sein erstes Spiel gegen Koblenz war dann in der Tat unglücklich, und jetzt muss er sich hinten anstellen. Marco Reich hat Bundesliga gespielt, war in England, da gab es kein großes Risiko. Zwar gab es anfangs ein paar unglückliche Sachen (Reich wurde für eine Woche suspendiert/Anm. d. Red.), aber ich sehe im Training, dass er großes Potenzial hat. Jetzt müssen wir ihn dahin bringen, dass er es zeigt. Aber Marco ist uns auch was schuldig. Anestis Agritis haben wir für zweieinhalb Jahre unter Vertrag genommen, weil wir von seinen Qualitäten überzeugt sind. Aber er ist neu und muss sich eingewöhnen. Er kann die Sprache noch nicht, und hier wird härter trainiert. Dazu war er gleich verletzt. Zuletzt in Aue hat er angedeutet, was er kann (Agritis traf zum 1:1/Anm. d. Red.). Uns war aber klar, dass Anestis Zeit braucht. Und Torsten Oehrl ist ein Perspektivspieler, der uns für die Zukunft weiterhelfen kann.

Wenn es dumm läuft, endet die Zukunft in der Regionalliga…

Man darf nicht vergessen, wann die Entscheidungen getroffen wurden. Kurz vor dem 31. Januar und als wir mit 28 Punkten in einer guten Situation waren. Wir waren natürlich nicht so blauäugig zu sagen: Mit 28 Punkten sind wir in der Liga. Aber wir mussten Entscheidungen treffen.

Zu den Planungen für die neue Saison: Welcher Spieler, dessen Vertrag ausläuft, bleibt? Und wen schicken Sie weg?

Die sportliche Situation ist noch nicht so geklärt, dass wir das sagen können. Aber eins ist klar: Spieler, die wenig oder kaum gespielt haben, sind nicht zufrieden und wir mit ihnen auch nicht. Klar ist auch: Unser Kader wird in der nächsten Saison nicht mehr so groß sein, wie momentan (28 Spieler/Anm. d. Red.).

Spieler wie Heiner Backhaus, Bastian Pinske, Alf Mintzel oder Ramazan Yildirim, die wenig oder kaum gespielt haben, müssen doch wahrscheinlich gehen, oder?

Manchmal kommt der eine oder andere plötzlich dazu, zu spielen. Siehe Niko Bungert in der Vorrunde. Fakt ist aber: Die, die kaum gespielt haben, sind im Fokus.

Wer darf bleiben?

Toppmöller, Endres und Christian Pospischil würden wir gerne halten. Und Cesar Thier, Markus Happe, Judt, Thomas Wörle, Stephan Sieger, Suat Türker (haben ihre Verträge verlängert, Optionen gezogen oder erreichen in Kürze die Einsatzzahl für eine Verlängerung/Anm. d. Red.) sowie Agritis haben einen Vertrag. Und auch Christian Müller hat signalisiert, dass er bleiben will.

Planen Sie für neue Saison eigentlich zweigleisig?

Nein, ich beschäftige mich nur mit der Zweiten Bundesliga. Die jetzige Situation darf aber nicht unterschätzt werden, und ich habe die Regionalliga auch im Hinterkopf. Im Vordergrund steht aber die zweite Liga.

Wie dramatisch wäre ein Abstieg?

Das wäre für Kickers Offenbach in den nächsten Jahren ein gewaltiger Rückschritt. Es hängen ja nicht nur die Spieler dran. Das wollen wir mit aller Macht vermeiden, und das schaffen wir auch. Da bin ich sicher.

Interview: Andreas Hunzinger